"Nach oben haben wir keine Grenzen"

Interview mit Michael Häfner, Vorstand der MEG

Im März 2012 hat die Bundesregierung die Einspeisevergütung für Solarstrom reduziert. Ist das eine schlechte Nachricht für die MEG?

Prinzipiell ja. Man muss allerdings noch ein Fragezeichen daran machen. Das wird noch von Bundestag und Bundesrat entschieden und es wird noch ein paar Wochen dauern, bis definitive Klarheit herrscht. Aber es wird deutliche Reduzierungen geben, auch weit über das hinaus, was im EEG bereits vereinbart ist.

Bisher war eine jährliche, teilweise halbjährliche Reduzierung vorgesehen, jetzt soll monatlich reduziert werden. Darüber hinaus soll nicht nur die Vergütung reduziert werden, auch sollen nicht mehr 100 Prozent des erzeugten Stromertrags vergütet werden, sondern je nach Anlagegröße nur noch 80 bis 90 Prozent. Diese Regel soll dafür sorgen, dass der Strom dort verbraucht wird, wo er erzeugt wird. Den Rest muss man selbst vermarkten, aber wie das funktioniert, ist auch noch nicht abschließend geregelt.

Erklären Sie uns kurz das Geschäftsmodell der MEG?

Wir sind kein Projektierer wie Juwi. Wir suchen Dachflächen, die wir dann 20 Jahre und länger pachten, um darauf Solaranlagen zu betreiben, gegen einen Pachtzins natürlich.

Wenn wir eine Anlage erwerben, wird ein Teil durch die Einlagen der Genossen finanziert, der größere Teil der Projektkosten wird jedoch fremdfinanziert, so kann man mit Eigenkapital und Fremdkapital, zum Beispiel von der KFW, eine höhere Gesamtrendite erzielen. Von den Stromerlösen tragen wir die Kosten für Pacht, Erwerb und Betrieb. Dazu gehören Versicherungen und auch Wartungsverträge für die Anlagen.

Was unter dem Strich übrig bleibt, fließt teilweise in die Dividenden, teilweise verbleibt der Ertrag in der Genossenschaft, um das Eigenkapital zu stärken und neue Projekte anzustoßen. Gewinnmaximierung soll dabei nicht im Mittelpunkt stehen, das sagen wir auch Neumitgliedern. Für die ersten beiden Jahre, 2011 und 2012 streben wir jeweils eine Verzinsung von drei Prozent an, das finden wir für vernünftig für eine Zwei-Jahres-Anlage.

Aktuell haben wir zwei Projekte: den Köbig-Baumarkt in Mombach und die Großmarkthalle in Hechtsheim. Die Großmarkthalle hat 1200qm Fläche mit einer Leistung von etwa 100KW, der Köbig-Baumarkt bringt etwa 26 KW aus 400qm. Diese beiden Projekte sollen noch im März fertig gestellt werden, damit sie unter die alte Einspeisevergütung fallen. Außerdem haben wir einen Gestattungsvertrag mit der Akademie der Wissenschaften geschlossen, wobei wir die Montage nicht mehr im März schaffen. Hier müssen wir prüfen, wie weit wir mit den bisherigen Kalkulationen arbeiten können.

Ändert sich etwas für die MEG durch die neue Einspeisevergütung?

Ja klar. Wir haben bereits diverse Gespräche mit Wohnungsbaugenossenschaften geführt um Rahmenverträge zu schließen. Da waren wir auf einem guten Weg. Das Problem ist, dass das in der Summe zwar viele, aber oft kleine Dachflächen waren. Mit niedrigeren Vergütungen wird es natürlich schwieriger, das noch wirtschaftlich zu betreiben. Jetzt müssen wir erst einmal abwarten, wann und wie der Gesetzgeber letztlich entscheidet. Auch muss man beachten, wie sich der Markt entwickelt, wie sich auch die Kosten für Kauf und Betrieb der Anlagen entwickeln. Ganz klar: existenziell bedroht ist die MEG durch die Änderungen nicht. Wir investieren nur in Projekte, bei denen wir wissen, dass wir langfristig Kosten und Dividende erwirtschaften können.

Sind neben Solar- noch weitere Anlagen geplant?

Was wir jetzt vorgezogen haben, ist Windkraft, die erst als zweiter Ausbauschritt geplant war. Das läuft erstaunlich gut an, eine Kommune ist bereits auf uns zugekommen, die ein oder zwei Bürger-Windräder mit uns betreiben will. Voraussichtlich im Mai werden wir eine Bürgerveranstaltung machen, mit dieser Kommune und dem Projektierer Juwi, bei der wir für die Genossenschaft und das Windkraftprojekt Werbung machen wollen. Das wird der größte Windpark von Rheinhessen, mit 22 Windrädern und mehreren beteiligten Gemeinden.

Andere Stromerzeugungsarten sind momentan nicht projektiert. Wasserkraft ist für uns aktuell kein Thema. Von der Satzung her können wir zwar in ganz Deutschland tätig sein, aber wir haben einen klar erklärten regionalen Bezug, und da stehen Solar und Wind eindeutig im Mittelpunkt. Biogas ist denkbar, aber dafür braucht es die Nähe zu Rohstofflieferanten, und hier in der Gegend gibt es kaum Viehbetrieb. Das ist zu wenig für einen wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Anlage.

Wo und wie suchen Sie Dachflächen?

Bisher waren wir stark mit dem Aufbau von Strukturen beschäftigt. Nun gehen wir Kontakte der Gründungsfirmen an, Firmenkunden der MVB, Partner der Stadtwerke, oder auch direkt die Projektierer, die selber Dachaquise betreiben. Grundsätzlich suchen wir Flächen in allen Größen, wobei durch die Änderung der Einspeisevergütung die Kleinstflächen kaum noch wirtschaftlich darstellbar sind. Da versuchen wir, ein Standardverfahren zu entwickeln, sodass wir für bestimmte Flächen bestimmte Anlagen anbieten können, sodass das in Richtung eines Massenproduktes geht, um die Kosten zu senken. Nach oben haben wir keine Grenzen.

Zu den Zahlen: Wie viele Mitglieder haben Sie zurzeit, wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung?

Wir bekommen jede Woche neue Mitglieder hinzu, die teilweise auch höhere Anteile bis zur Grenze von 10.000 Euro zeichnen. Teilweise zeichnen Eltern für ihre Kinder, was nicht nur finanziell, sondern auch wegen des Umweltgedankens eine schöne Idee ist. Jetzt im März konnten wir unser 100. Mitglied begrüßen. Insgesamt konnten wir so bisher etwa 500.000 Euro einsammeln.

Außerdem haben wir, neben den Gründungsmitgliedern, weitere Unternehmen als Mitglieder gewonnen. Wir wollen ja auch Netzwerk werden, nun sind drei Handwerksbetriebe aus dem Bereich Energie eingetreten, die sich jetzt auf unserer Plattform präsentieren können und dann auch Aufträge erhalten sollen. Denn das ist ja auch das Prinzip der Genossenschaft: die eigenen Mitglieder zu fördern.

Wie sehen die nächsten Schritte der MEG aus?

In der ersten Phase, in der wir uns aktuell befinden, planen wir den Aufbau von Projekten im Bereich Solar und Wind, um damit eine entsprechende Rendite zu erzielen und über solche Projekte auch den Geschäftsbetrieb auszuweiten. Energiespeicherung, so wie auch den spannenden Bereich der Energieeffizienz und übrigens auch der Elektromobilität, wollen wir ebenfalls vorantreiben, auch mit der dafür existierenden Förderung, aber dafür brauchen wir entsprechende Erträge. Mit diesen Themen wollen wir uns im zweiten und dritten Schritt beschäftigen.

Abschließend: Wie schätzen Sie den Markt für regenerative Energien ein?

Insgesamt sehen wir den Markt positiv, und das auch langfristig. Die Energiewende ist beschlossen, auch wenn es hin und wieder Änderungen gibt. Wir haben die Möglichkeit, dass wir uns als Betreiber dem Markt sehr gut anpassen können, denn wir haben keinen Investitionsdruck, sondern können dann investieren, wenn es uns sinnvoll erscheint. Wir haben auch keine hohen Verwaltungskosten, da wir kaum Personal haben, wir machen das ja ehrenamtlich. Die laufenden Kosten sind fast ausschließlich Projektkosten, und denen stehen ja immer Erträge gegenüber. Hier in der Region sind gerade neue Vorrangflächen für Windkraft ausgewiesen worden. Und da es kommunale CO2-Ziele gibt und die Absicht der Bundesländer und der Bundesregierung, den Anteil der regenerativen Energien zu erhöhen, muss in dem Bereich einiges passieren. Von daher sind wir durchaus positiv gestimmt.

Das Interview entstand am 29.03.2012